in einer Dokumentation des ZDF dürfen unter andrem mehrere Fotos der 1981 entführten, damals acht Jahre alten Nina von Gallwitz, nicht mehr gezeigt werden. Dies hat der Bundesgerichtshof unter Betonung der besonderen Schutzbedürftigkeit der Klägerin als damals minderjähriges Opfer einer schweren Straftat entschieden. Die Verwendung der drei Fotos in dem Beitrag verletze das Recht der Klägerin am eigenen Bild und begründe so einen Unterlassungsanspruch.
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Rafaela Wilde
Rechtsanwältin
Renate Schmid
Rechtsanwältin
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Das ZDF darf die in einer aktuellen Dokumentation veröffentlichten Fotos der 1981 entführten Nina von Gallwitz nicht mehr zeigen. Auch das Zeigen eines Briefs und eines Audiomitschnitts wurden untersagt. So entschied nun der BGH mit Hinweis auf die besondere Schutzbedürftigkeit des damals minderjährigen Opfers einer schweren Straftat.
Nina von Gallwitz hatte gegen die Veröffentlichung von Bildern, eines Briefs und eines Audiomitschnitts in einer Dokumentation über entführte Kinder geklagt. Das Bundesgerichtshof (BGH) entschied zugunsten der Klägerin und stellte fest, dass die Verwendung der Fotos und anderer Dokumente ohne Einwilligung des Opfers das Recht am eigenen Bild und das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzte.
Das Oberlandesgericht Köln hatte zuvor entschieden, dass es sich bei den Dokumenten um Dokumente der Zeitgeschichte handele und daher ohne Einwilligung veröffentlicht werden dürften. Zudem habe die Öffentlichkeit ein überwiegendes Informationsinteresse, das das Persönlichkeitsrecht von Nina von Gallwitz überwiege.
Der BGH war jedoch anderer Meinung. Er argumentierte, dass das Recht am eigenen Bild bereits dann beeinträchtigt wird, wenn eine abgebildete Person begründeten Anlass hat anzunehmen, sie könne identifiziert werden. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei nicht schrankenlos, und in diesem Fall überwog das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Besonders relevant war der Zeitpunkt der Entführung, da das Interesse der Öffentlichkeit 35 Jahre nach der Tat abgenommen hatte.
Der BGH betonte die besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers, insbesondere aufgrund ihres jungen Alters zum Zeitpunkt der Entführung. Opfer von Straftaten sollten nach einer gewissen Zeit das Recht haben, selbst darüber zu entscheiden, ob ihr Bildnis noch zur Illustration ihrer Opferrolle verwendet werden darf. Auch der Brief und der Audiomitschnitt wurden als privat eingestuft und durften daher nicht veröffentlicht werden. Diese Entscheidung des BGH führte zur Unterlassung der Veröffentlichung der genannten Dokumente.
Ist eine Shirt-Grafik mit einem Slogan urheberrechtsfähig?
"Geimpft, gechipt, entwurmt"
Gerade in Zeiten des Internets ist der Schutz von geistigem Eigentum von elementarer Bedeutung. Nicht nur Bilder genießen den Schutz des Urheberrechts, sondern auch viele andere kreative Arbeitsergebnisse.Für Laien ist die Nutzung von und der Umgang mit Urheberrechten aber häufig gar nicht so einfach. Wie sieht es zum Beispiel mit dem Urheberschutz von Grafiken aus, die hauptsächlich aus Wortbestandteilen bzw. aus einem Slogan bestehen?
Das Landgericht Köln entschied in einem Fall, in dem eine Print-on-Demand Plattform ein T-Shirt mit dem Aufdruck "geimpft, gechipt, entwurmt" angeboten hatte. Die Beklagten, eine Comedienne und ein T-Shirt-Druck-Unternehmer, beanspruchten urheberrechtliche Ansprüche an diesem Text. Das Gericht entschied jedoch, dass die Wortfolge nicht ausreichend kreativ und einzigartig sei, um urheberrechtlich geschützt zu werden, da sie die erforderliche Schöpfungshöhe nicht erreiche.
Die Richter betonten, dass die Wortfolge lediglich allgemein gebräuchliche Begriffe aus dem Haustier- und Veterinärbereich in einer Aufzählung zum Ankreuzen verwendete. Obwohl die Idee humorvoll und witzig war, reichte dies allein nicht aus, um urheberrechtlichen Schutz zu erhalten. Die Übertragung der Begriffe von Tieren auf Menschen in Bezug auf die Corona-Pandemie war nicht originell genug, um als persönliche geistige Schöpfung angesehen zu werden.
Das Gericht verglich die Wortfolge mit anderen Listenformen und entschied, dass sie eher mit belanglosen Zeilen wie "Samba (Lachen) - hai que - Samba de Janeiro" vergleichbar sei, die zuvor von anderen Gerichten nicht für urheberrechtlich geschützt erklärt wurden. Insgesamt entschied das Landgericht Köln, dass die Wortfolge "geimpft, gechipt, entwurmt" keine ausreichende Schöpfungshöhe aufwies und daher nicht urheberrechtlich geschützt werden konnte.
Kaum in einer Zeit waren die Grundsätze der identifizierenden Verdachtsberichterstattung so relevant wie heute. Der BGH schärft in einer Entscheidung über eine Persönlichkeitsrechtsverletzung eines ausländischen Diplomaten erneut die konkreten Zulässigkeitsvoraussetzungen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil festgehalten, dass identifizierende Verdachtsberichterstattung bestimmte Anforderungen erfüllen muss und ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorhanden sein muss, um "Öffentlichkeitswert" zu haben. Dabei darf keine Vorverurteilung stattfinden, und der Betroffene muss vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Die streitgegenständliche Berichterstattung des Spiegels und des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), die einen Botschafter betraf, erfüllte diese Anforderungen nicht.
In einem Artikel mit der Überschrift "Wie die armenische Mafia in Deutschland vorgeht" wurden Verdachtsäußerungen gegen den Botschafter der Republik Armenien in Deutschland geäußert. Das Landgericht Berlin entschied, dass die Berichterstattung unzulässig sei und verurteilte den Spiegel und den MDR zur Unterlassung.
Die Beklagten legten Berufung ein, und das Oberlandesgericht änderte das Urteil teilweise ab, verneinte jedoch einen Unterlassungsanspruch bezüglich der Berichterstattung zu Schleuseraktivitäten und Geldwäsche. In der Revision vor dem BGH wurde entschieden, dass sämtliche streitgegenständlichen Äußerungen in der Berichterstattung eine unzulässige Verdachtsberichterstattung darstellten.
Der BGH stellte klar, dass es ein Mindestmaß an Beweistatsachen geben muss, die für die Richtigkeit der Information sprechen und ihr damit "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Berichterstattungen von Spiegel und MDR erfüllten diese Anforderungen nicht und verletzten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Botschafters. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren allein reicht nicht aus, um einen Mindestbestand an Beweistatsachen zu begründen. Die Medien müssen bei schwerwiegenden Vorwürfen besonders sorgfältig vorgehen. In diesem Fall fehlte es an einer ausreichenden Grundlage für die Verdachtsberichterstattung.
Ghostwriter erledigen ihre Arbeit häufig im Stillen. Was aber, wenn ein Ghostwriter Werbung für seine Arbeit möchte und auf eine Namensnennung besteht? Kann es eine Urheberrechtsverletzung darstellen, wenn ein Ghostwriter nicht in einem Buch genannt wird, das er für einen anderen geschrieben hat? Mit dieser Frage musste sich nun das LG Köln befassen.
Das Landgericht (LG) Köln entschied, dass eine Ghostwriterin Anspruch auf Namensnennung im Impressum eines Buchs hat. In dem Fall hatte ein Physiotherapeut eine Ghostwriterin beauftragt, ein Buch über seine berufliche Tätigkeit zu schreiben, und sie mit 12.000 Euro vergütet. Der Streit entstand, als die Ghostwriterin im Impressum des Buchs nicht namentlich genannt wurde.
Da keine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über den Verzicht auf Namensnennung vorlag, legte das LG Köln den Vertrag dahingehend aus, ob ein stillschweigender Verzicht erfolgt war. Das Gericht betonte, dass die Beweislast für einen branchenüblichen Verzicht und die Kenntnis des Urhebers davon beim Auftraggeber liegen. Im Zweifelsfall sollte auf den Vertragszweck abgestellt werden, wodurch das Urheberrechtsrecht zugunsten der Autorin und ihrer Namensnennungsrechte entschied.
Das Gericht stellte fest, dass es keine Hinweise auf einen wirksamen Verzicht der Ghostwriterin gab und dass das Recht auf Namensnennung grundsätzlich per Gesetz besteht. Die Argumentation des Auftraggebers, dass das Fehlen der Urhebernennung dem Zweck einer Ghostwriter-Vereinbarung entspreche, überzeugte das Gericht nicht. Das LG Köln betonte, dass es im Bereich der Ghostwriter-Vereinbarungen keine erkennbaren Branchengewohnheiten gibt, die das Recht zur Urheberbenennung üblicherweise einschränken könnten.
Die Ghostwriterin argumentierte, dass die Nennung im Impressum die einzige verlässliche Werbung für ihre Dienste sei. Das Gericht entschied, dass die gewünschte Nennung im Rahmen des Üblichen liegt. Schließlich wurde der Ghostwriterin ein Schadensersatz in Höhe von 12.000 Euro zugesprochen, basierend auf einer "fiktiven Lizenzgebühr," die sich nach dem vereinbarten Honorar richtet.
Keinohrhasen-Autorin erstreitet Teilerfolg gegen Til Schweiger
Fairnessparagraph im Urheberrecht
Die Drehbuchautorin Anika Decker ist gegen Til Schweigers Produktionsunternehmen vorgegangen, um eine höhere Beteiligung an den Kino-Hits „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ zu erstreiten. Das LG Berlin hat nun im zweiten Teil der Stufenklage entschieden und dabei unter anderem die Auskunftsrechte von Urhebern gefestigt. Ein „wegweisendes“ Urteil laut dem Deutschen Drehbuchverband.
Die Drehbuchautorin der Filme "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" hat vor dem Landgericht Berlin erfolgreich eine zweite Stufe ihrer Stufenklage gemäß dem "Fairnessparagraphen" des Urheberrechtsgesetzes durchgesetzt. Dieser Paragraph ermöglicht Urhebern, eine höhere Vergütung zu fordern, wenn der Nutzen in einem "auffälligen Missverhältnis" zur vereinbarten Vergütung steht. Bereits in der ersten Stufe der Klage wurde den Beklagten auferlegt, Auskunft über den finanziellen Erfolg der Filme zu geben.
In der zweiten Stufe wurde entschieden, dass der Anspruch dem Grunde nach gegeben ist, jedoch aufgrund der Verjährung alle Erlöse vor 2015 bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben. Das Gericht verwies auf die reguläre Verjährungsfrist von 3 Jahren und stellte fest, dass die Klägerin bereits früher Klage hätte erheben müssen, insbesondere angesichts des großen Kinoerfolgs der Filme. Ihr Anspruch für den Zeitraum der Hauptvermarktungsphase sei somit erloschen. Damit reduziere sich der Anspruch von Frau Decker von den geforderten über 2.000.000 € auf nunmehr 180.000 € für den Zeitraum bis 2021.
Die Entscheidung zeigt, dass der "Fairnessparagraph" im Urheberrecht durchaus wirksam ist und Künstlern starke Rechte verleiht, selbst bei komplexen Vertragsverhältnissen. Die Klägerin erwägt jedoch, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
"Game of Thrones"-Autor verklagt ChatGPT-Entwickler
Urheberrechtsstreit
Es ist eine der ersten juristischen Auseinandersetzungen von vermutlich vielen. Game of Thrones-Autor George R.R Martin, Bestseller-Autor John Grisham und zahlreiche andere US-Schriftsteller werfen dem Unternehmen OpenAI Urheberrechtsverletzungen vor. So heißt es in einer kürzlich eingereichten Sammelklage, dass die Werke der Autoren ohne Einverständnis zum Training für ChatGPT verwendet worden seien.
17 prominente Autoren, darunter George R.R. Martin, David Baldacci, Sylvia Day, Jonathan Franzen und Elin Hilderbrand, haben eine Sammelklage gegen OpenAI, den Entwickler von ChatGPT, eingereicht. Sie werfen dem Unternehmen vor, ihre urheberrechtlich geschützten Werke für das Training von ChatGPT ohne ausdrückliche Genehmigung verwendet zu haben. Die Kläger fordern Schadensersatz und möchten sicherstellen, dass ihre Werke in Zukunft nicht ohne Erlaubnis für die Entwicklung von KI-Algorithmen genutzt werden dürfen.
Die Klage wurde von der US-amerikanischen Autorenvereinigung Authors Guild im Namen aller betroffenen Schriftsteller eingereicht. OpenAI argumentiert, dass die Autoren das Urheberrecht missverstehen und dass das Recht auf faire Nutzung Raum für Innovationen wie ChatGPT lassen sollte.
Die KI-Entwicklung erfolgt durch das Trainieren von ChatGPT mit Texten, die online verfügbar sind, und die Autoren behaupten, dass ChatGPT in der Lage ist, von ihren Werken abgeleitete Versionen zu generieren, was den Markt für ihre Originalwerke beeinträchtigt. Die Autoren zitieren Beispiele von ChatGPT-Anfragen, die auf die Erstellung von abgeleiteten Werken abzielen.
In Deutschland und den USA gibt es Parallelen in den Urheberrechtsfragen, obwohl die Gesetze leicht unterschiedlich sind. Das deutsche Urheberrecht definiert den Urheber als eine Person, die ein Werk durch geistigen Schaffensprozess erstellt hat. Die KI selbst kann keine urheberrechtlich geschützten Werke erstellen, aber der von ihr generierte Output könnte das Urheberrecht anderer verletzen. Dies hängt von der spezifischen Situation und der Nähe des neuen Werks zum benutzten Werk ab. In Deutschland ist das Text- und Data-Mining unter bestimmten Bedingungen zulässig, es sei denn, die verwendeten Werke sind durch technische Maßnahmen geschützt.
Immer wieder bekommen Produzenten Post von ihren Kreativen, insbesondere Autoren, in denen diese Auskunft über Art und Umfang der von ihnen für den Produzenten erstellen Werke verlangen. Was steckt dahinter?
Die Änderungen in § 32d und § 32e des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) seit dem 7. Juni 2021 verpflichten Vertragspartner, die Nutzungsrechte entgeltlich erworben haben, dazu, Urhebern mindestens einmal jährlich proaktiv Auskunft über die Nutzung von Werken und die daraus erzielten Erträge zu erteilen. Dies soll die Transparenz für Urheber und sonstige Anspruchsberechtigte erhöhen, insbesondere wenn der Vertragspartner nicht vertraglich zur Auskunft verpflichtet ist. Diese Informationen ermöglichen es Urhebern, die Berechtigung von Nachvergütungsansprüchen zu prüfen, insbesondere bei Pauschalhonoraren.
Die Auskunftspflicht gilt für Urheber und Vertragspartner, bei denen die entgeltliche Einräumung von Nutzungsrechten erfolgte. Es gibt Ausnahmen für nachrangige Beiträge und Fälle, in denen die Inanspruchnahme des Vertragspartners unverhältnismäßig wäre. Die Auskunft muss Details zur Werknutzung, einschließlich räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Informationen, sowie zu den erzielten Erträgen und Vorteilen liefern.
Die Auskunftspflicht gegenüber Vertragspartnern kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden, es sei denn, kollektive Vereinbarungen gewährleisten ein ähnliches Maß an Transparenz. Bei Verstößen drohen Ordnungsgelder und rechtliche Schritte zur Durchsetzung des Anspruchs.
Die Auskunftspflicht gilt auch für Dritte in der Lizenzkette, wenn der Vertragspartner weiteren Dritten Nutzungsrechte erteilt hat und die erteilte Auskunft nicht ausreichend ist.
Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diese neuen Vorschriften auslegen werden, insbesondere in Bezug auf unbestimmte Rechtsbegriffe. Trotzdem ist klar, dass Nutzer von Werken sich der Auskunftspflicht nicht entziehen können und es ratsam ist, entsprechende Informationen zu sammeln und bereitzuhalten.