mit den Stimmen der Koalition hat der Bundestag Änderungen im Nachweisgesetz beschlossen. Seit dem 1. Augustwerden damit die Pflichten der Arbeitgeber ausgeweitet, welche Informationen über die Arbeitsbedingungen sie ihren Beschäftigten aushändigen müssen. Der Umfang der Informationspflichten für die Arbeitgebenden ist noch einmal deutlich ausgeweitet und betrifft künftig u.a. auch z.B. das einzuhaltende Verfahren bei einer Kündigung, die Dauer der Probezeit und das Enddatum bei befristeten Arbeitsverträgen. Dies und mehr in unserem heutigen Newsletter.
Rafaela Wilde
Rechtsanwältin
Renate Schmid
Rechtsanwältin
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Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern ab dem 1. August 2022 weit mehr Informationen mitteilen als bisher. Das bestimmt das vom Gesetzgeber neu überarbeitete Nachweisgesetz. Werden Arbeitsvertragsmuster nicht entsprechend angepasst und Informationsblätter nicht erstellt, kann das für den Arbeitgeber schnell teuer werden. Ein Überblick:
Das am 23. Juni 2022 vom Bundestag verabschiedete und auf EU-Richtlinien beruhende Gesetz sieht nun in § 2 NachwG vor, dass in die Arbeitsverträge u.a. das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren (insbesondere Schriftformerfordernisse und Hinweise zur Kündigungsschutzklage), die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, die Ansprüche auf vom Arbeitgeber bereitgestellten Forderungen oder die vereinbarte Arbeitszeit einschließlich Ruhepausen aufgenommen werden müssen.
Weiterhin muss der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen dem Arbeitnehmer nunmehr in Schriftform aushändigen. Die elektronische Form genügt diesem Erfordernis nicht. Damit fasst der deutsche Gesetzgeber das Gesetz enger als von der EU-Richtlinie vorgegeben. Denn diese lässt die elektronische Form ausdrücklich zu. Ziel der Schriftform-Vorgabe ist es, die Beweiskraft des Dokuments mit den wesentlichen Vertragsbedingungen für juristischen Auseinandersetzungen zu stärken.
Während Arbeitgeber für Arbeitnehmer, die ihr Beschäftigungsverhältnis am oder nach dem 1. August aufnehmen maximal ein Monat Zeit nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses verbleibt, um alle Informationen zusammenzutragen und auszuhändigen, müssen Arbeitnehmer, die bereits vor diesem Stichtag in dem Unternehmen beschäftigt waren, ihren Arbeitgeber dazu auffordern, ihnen die wesentlichen Arbeitsbedingungen innerhalb einer Woche mitzuteilen. Für diese Fälle ist es ratsam, entsprechende Informationsblätter im Vorhinein anzufertigen. Sollten sich wesentliche Arbeitsbedingungen ändern, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer am Tag der Änderung schriftlich darüber zu unterrichten.
Bei einem Verstoß gegen die Vorgaben kann ein Bußgeld bis zu 2.000 Euro fällig werden – pro Mitarbeiter, dem die Auskunft nicht oder unvollständig erteilt wurde.
Können DSGVO-Verstöße wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden?
BGH könnte Rechtsklarheit bringen
Die Frage, ob Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nach dem Wettbewerbsrecht abmahnfähig sind, beschäftigt Gerichte seit vielen Jahren. Selbst der EuGH hat sich nicht zu einer abschließenden Entscheidung durchringen können. Nun könnte aber ein BGH-Urteil endlich Klarheit bringen:
Ob DSGVO-Verstöße nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abmahnfähig sind, ist in zweierlei Hinsicht fraglich: Zum einen wird vertreten, die DSGVO weise in den Art. 74-84 ihr eigenes Sanktionsregime auf und sperre das UWG. Andere argumentieren, die DSGVO trete lediglich neben die bereits bestehenden Abwehrmechanismen.
Andererseits ist umstritten, ob es sich bei DSGVO-Normen um marktverhaltensregelnde Normen im Sinne des UWG handelt. Dafür spricht, dass personenbezogene Daten häufig im Zusammenhang mit wettbewerbsrechtlichen Interessen verarbeitet werden. Dagegen spricht, dass die DSGVO primär auf die Durchsetzung des Persönlichkeitsrechts gerichtet ist und daher nicht den Markt regelt.
Der BGH beschäftigt sich nun mit einem Fall, in dem ein Apotheker die Inhaber zwei anderer Apotheken wegen Verstöße gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abmahnen wollte. Die Frage, ob das mit dem Regelungsregime möglich ist, wurde zuvor im Rahmen eines anderen Verfahrens zwar dem EuGH vorgelegt. Dieser entschied jedoch nur hinsichtlich Verbraucherschutz-Verbänden, dass diese zu entsprechenden Abmahnungen berechtigt seien. Ob dieses Recht auch Mitbewerbern zustehe, ließen die Richter offen.
Indes lässt sich die Entscheidung nicht problemlos auf Mitbewerber übertragen. Dies folgt aus der Öffnungsklausel in Art. 80 Abs. 2 DSGVO, der die Vorrangstellung der DSGVO nur für solche Verbände aufbricht.
Die auf den 29. September terminierte Verhandlung vor dem BGH wird mit Spannung erwartet: Möglich ist, dass die Richter die Frage der Abmahnfähigkeit datenschutzrechtlicher Verstöße nunmehr im Hinblick auf Mitbewerber dem EuGH vorlegen. Denkbar ist aber auch, dass dem BGH die Ausführungen des EuGH zur Abmahnbefugnis von Verbänden genügen, er daraus seine Schlüsse zieht und sofort eine eigene Entscheidung trifft. Kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass die DSGVO nicht abschließend ist, befassen sie sich in einem zweiten Schritt damit, ob die Vorschriften der DSGVO marktverhaltensregelnde Normen darstellen.
BVerfG zu versagtem Treffen von Häftling mit Journalist
Interviews mit Langzeitinhaftierten stoßen regelmäßig auf großes Interesse. Ein Gefängnis in Nordrhein-Westfalen lehnte jedoch die Interviewanfrage eines Journalisten ab. Dies verletze die Meinungsfreiheit des Inhaftierten, entschied nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Die Gefängnisleitung begründete das Verbot damit, dass aufgrund der psychologischen Veranlagung des langjährig inhaftieren Mannes die Durchführung und Veröffentlichung des Interviews seine Eingliederung in die Gesellschaft gefährden könnte. Diese Entscheidung resultierte in einem langjährigen Rechtsstreit, an dessen vorerstem Ende die Karlsruher Richter dem Strafgefangenen nun Recht gaben – die vorinstanzlichen Gerichte, die zunächst das Interview bestätigt haben, hätten die Meinungsfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt (Beschl. v. 16.06.2022, Az. 2 BvR 784/21).
Rechtsgrundlage der Untersagung war § 25 Nr. 2 Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen (StVollzG NRW), nach dem ein Besuch im Gefängnis untersagt werden kann, wenn dieser möglicherweise die Eingliederung des Gefangenen behindert. Das BVerfG begründete seine Entscheidung damit, dass die Meinungsfreiheit jedem das Recht gebe, seine Meinung nach außen kundzutun – auch in Form eines Interviews. Dieses Grundrecht kann zwar durch allgemeine Gesetze eingeschränkt werden, allerdings müssen im Hinblick auf die Feststellung der befürchteten Behinderung der Eingliederung im Hinblick auf die Meinungsfreiheit besonders hohe Anforderungen gelten. Dies hätten die Vorinstanzen nicht berücksichtigt. Darüber hinaus hätten das Land- und Oberlandesgericht die Meinungsfreiheit nicht hinreichend in eine Interessenabwägung miteinfließen lassen, sondern pauschal von dem Überwiegen des Resozialisierungsinteresses ausgegangen. Diese Entscheidung verdeutlicht erneut die Haltung der Karlsruher Richter, dass sich die Gerichte bei der Beurteilung, ob ein Eingriff in die Meinungsfreiheit gerechtfertigt ist, nicht zu knapp halten dürfen.
Das BVerfG hob daher die Beschlüsse des Land- und des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG Arnsberg zurück. Dessen Entscheidung bleibt abzuwarten.
ZDF-Reporterin scheitert mit Klage auf gleiche Bezahlung
Equal Pay
Die Fernsehjournalistin Birte Meier wurde vom ZDF jahrelang schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Ihre daraufhin erhobenen Klagen auf Gleichbezahlung blieben überwiegend erfolglos und auch eine Verfassungsbeschwerde wurde nun nicht zur Entscheidung angenommen. Allerdings aus formellen Gründen: Denn da eine Zahlungsklage hinreichende Erfolgsaussichten hätte, sei die Verfassungsbeschwerde nicht zulässig.
Die Journalistin arbeitete seit vielen Jahren als „fest-freie“ Redakteurin des ZDF-Magazins „Frontal 21“. Trotz der gleichen Wochenarbeitszeit und dem gleichen Tätigkeitsbereich war ihr Gehalt geringer als das vieler männlicher Mitarbeiter.
Nachdem eine Beschwerde wegen diskriminierender Ungleichbehandlung beim ZDF ohne Erfolg blieb, klagte sie vor dem Landesarbeitsgericht Berlin und verlangte neben Auskunftsansprüchen, was Mitarbeiter mit vergleichbaren Aufgaben beim ZDF verdienten, auch Vergütungs- und Schadensersatzansprüche. Das Gericht wies die Klage ab: nicht nur liege keine strukturelle Ungleichbehandlung vor, weswegen der Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht eröffnet sei. Auch habe sich in dem Verfahren konkret mit einem fest angestellten Mitarbeiter verglichen. Im Hinblick dessen fehle es nach Ansicht der Richter aber bereits an einem taugliches Vergleichspaar.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Redakteurin in einem für Aufsehen erregenden Urteil Recht, indem es ihr die Auskunftsansprüche trotz ihrer Eigenschaft als fest-freie Mitarbeiterin zusprach. Dennoch zog Birte Meier weit vor das Bundesverfassungsrecht. Ihre Grundrechtsverletzung sah die Journalistin darin, dass das BAG die Sache dem EuGH hätte vorlegen müssen. Darüber hinaus sah sie sich in ihrem Recht auf Gleichberechtigung nach Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verletzt.
Die Richter des BVerfG entschieden am 01.06.2022 (Az. 1 BvR 75/20) nunmehr, dass Meier den Auskunftsanspruch zunächst gegen das ZDF geltend machen müsse, um dann einen Zahlungsanspruch zu begründen und durchzusetzen. Geschehe das nicht, sei der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt.
Für Birte Meier endete im Juni 2022 ihre 13-jährige Tätigkeit für das ZDF. Nachdem sie intern versetzt worden war, wurde sie von dem Privatsender RTL abgeworben, wo sie als Chefreporterin eine Investigativ Abteilung aufbauen soll.
Ein Zahnarzt aus Köln stand vor Gericht, weil er Elektrogeräte in Millionenhöhe bestellt, aber nicht bezahlt und anschließend auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft hatte. „Bild.de“ berichtete über das Verfahren. Dadurch fühlte sich der Kölner Zahnarzt in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und ging bis vor den BGH. Dort unterlag er.
Bild.de titelte am 28.02.2018 „Kölner Zahnarzt ein Millionenbetrüger?“ und nannte in dem Artikel nicht nur den Vornamen und den ersten Buchstaben des Nachnamens, sondern auch das Alter und die Lage der Praxis des Angeklagten. Auch über das weitere Verfahren berichtete die Online-Zeitung fortlaufend. Der Zahnarzt argumentierte, er könne durch die veröffentlichten Informationen identifiziert werden und sei deshalb in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Mit einer Klage auf Unterlassung hatte der Kölner in den Vorinstanzen zunächst teilweise Erfolg, bevor der BGH nunmehr entschied (Urt. v. 31.05.2022, Az. VI ZR 95/21), dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die Rechte des Angeklagten überwiegen und die Berichterstattung daher rechtmäßig sei. Es sei die legitime Aufgabe der Presse, Verfehlungen – auch konkreter Personen – aufzuzeigen. Dafür dürfe auch über nicht prominente Personen ausführlich berichtet werden, insbesondere wenn diese einer Berufsgruppe angehören, an deren Redlichkeit die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse habe. Dennoch müssen Zeitungen bei der Berichterstattung über laufende Gerichtsverfahren die Unschuldsvermutung des Angeklagten berücksichtigen.
Diese verlangt es unter anderem, dass nicht bereits der Eindruck erweckt wird, die Straftaten seien bereits erwiesen. Außerdem sei eine gewisse Zurückhaltung bei der Nennung von Informationen geboten, mit denen Angeklagte identifiziert werden können.
Die Berichterstattung von bild.de genügte nach Auffassung der Richter diesen Grundsätzen, da die Online-Zeitung ausdrücklich auf die Anklageschrift Bezug nahm, dass Damit werde nämlich einerseits zum Ausdruck gebracht, dass hinreichende Beweise für die Berichterstattung vorliegen. Andererseits sei klar, dass eine Verurteilung noch nicht stattgefunden habe.
Dem Angeklagten müsse auch während einer laufenden Hauptverhandlung keine Gelegenheit zur Stellung gegeben werden. Durch die Formulierung dieser Aufnahme weicht der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Jedoch: Anders als die übliche Verdachtsberichterstattung werde bei einem Report aus dem laufenden Hauptverfahren über ein Ereignis berichtet, das so tatsächlich stattgefunden habe.
Das Urteil reiht sich ein in wichtige Leitsatzentscheidungen des BGH, in denen er die Grenzen zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit jüngst geschärft hat. So befasste sich der BGH im Februar diesen Jahres mit einem Fall, in dem einem PR-Manager von einem BILD-Journalisten weniger als fünf Stunden zur Stellungnahem eingeräumt worden waren. Dies sei unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.